Oder: Getrennt und doch nicht getrennt?

Martin und Helga Müller sind seit 23 Jahren mehr oder weniger glücklich verheiratet. Anfang März 2016 erklärt Martin Müller seiner Frau in aller Eindeutigkeit, dass er sich von ihr trenne und die Ehe endgültig für gescheitert ansehe. Er wolle ein neues Leben beginnen. Er suche jetzt eine andere Wohnung und werde zu gegebener Zeit die Scheidung bei Gericht beantragen.

Nach sechs Monaten – Anfang September 2016 – zieht er in eine andere Wohnung um.

Wiederum sechs Monate später – Anfang März 2017 – reicht er bei Gericht die Scheidung ein. Er begründet dies damit, dass die Ehe gescheitert sei. Das notwendige Trennungsjahr sei bereits abgelaufen, da er Anfang März 2016 seiner Frau mitgeteilt hätte, dass er sich trennen wolle.

Seiner Frau geht das alles zu schnell.

Helga Müller lässt zu seiner Überraschung in der mündlichen Verhandlung bei Gericht Anfang April 2017 vortragen, dass der Scheidungsantrag voreilig sei. Es stimme, dass ihr Mann Anfang September 2016 aus der Ehewohnung ausgezogen sei.

Bis zum Auszug ihres Mannes habe sie aber:

  • dessen Wäsche gewaschen und gebügelt
  • für ihn mit eingekauft und gekocht
  • Sie hätten meist auch gemeinsam gegessen
  • und immer noch einen gemeinsamen Haushalt geführt

Martin Müller muss einräumen, dass das stimmt!

Seiner Meinung nach hat das aber nichts zu bedeuten. Es sei eben praktisch gewesen, dass seine Frau ihn weiter versorgt habe. Er habe ihr doch schließlich mit aller Deutlichkeit im März 2016 schon gesagt, dass es vorbei mit ihrer Ehe sei!

Sein Scheidungsantrag wird zum jetzigen Zeitpunkt keinen Erfolg haben.

Die Familiengerichte sehen die Ehe in der Regel erst als gescheitert an, wenn die Eheleute mindestens ein Jahr getrennt gelebt haben. Eine Trennung hat nämlich eine subjektive und eine objektive Komponente. Subjektiv muss ein Ehegatte zu erkennen gegeben haben, dass er die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr fortführen will.

  • Die subjektive Komponente ist hier in diesem Fall gegeben
  • Jedoch fehlt es an der objektiven Komponente

Die Rechtsprechung lässt zwar zu, dass eine Trennung auch innerhalb der gemeinsamen Wohnung vollzogen werden kann, legt daran aber strenge Maßstäbe an.

Voraussetzung für eine „objektive“ Trennung sind:

  • Die Ehepartner schlafen in getrennten Schlafzimmern
  • Es wird kein gemeinsamer Haushalt mehr geführt
  • Kein Ehepartner erbringt oder nimmt wesentliche Leistungen vom anderen wie Wäsche waschen, Kochen, Bügeln, Einkaufen.

Daran fehlt es hier bis zum Auszug des Martin Müller im September 2016.

Die Trennung dauert noch kein Jahr an, sondern erst sieben Monate. Deswegen kann die Scheidung derzeit noch nicht ausgesprochen werden. Der Antrag des Martin Müller wäre also zurückzuweisen mit der Folge, dass dieser auch die Kosten des verfrühten Scheidungsverfahrens zu tragen hat.

Sie haben Fragen, ab wann Sie Ihren Scheidungsantrag einreichen sollen oder können?

Wenden Sie sich an uns, wir beraten Sie gerne, wann der für Sie günstigste Zeitpunkt ist.