Und so entscheidet der BHG:

Zwischen getrennt lebenden Eltern tritt immer wieder Streit darüber auf, welchem Elternteil der Kinderreisepass zusteht. Im konkreten Fall, verlangt Eva Keller, die Mutter eines dreijährigen Kindes, den Kinderpass vom Markus Keller, dem Vater des Kindes, von dem sie getrennt lebt, heraus. Das Kind lebt bei ihr. Aus diesem Grund will sie auch den Pass des Kindes ausgehändigt erhalten.

Zwischen den Eheleuten besteht aber gemeinsame elterliche Sorge.

Deswegen verweigert der Vater die Herausgabe des Kinderpasses. Dies tut er mit der Begründung, dass er bei gemeinsamer elterlicher Sorge genauso berechtigt sei, den Kinderpass zu verwahren wie die Mutter.

In dieser Frage gibt es ganz unterschiedliche Rechtsauffassungen in Literatur und Rechtsprechung, weil es eine ausdrückliche gesetzliche Vorschrift, die die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Herausgabe des Kinderpasses regelt, bis dato nicht gab

  • Im vorliegenden Fall gab das Amtsgericht dem Herausgabeantrag von Eva Keller statt.
  • Im Beschwerdeverfahren hob das Oberlandesgericht diese Entscheidung wieder auf und wies den Antrag der Mutter ab.

Der Bundesgerichtshof spricht nun ein Grundsatzurteil

Der Bundesgerichtshof hat zu diesem Problem nunmehr eine grundlegende Entscheidung getroffen und sorgt damit für Rechtsklarheit. Er bejaht den Herausgabeanspruch des Elternteils, bei dem das Kind seinen Lebensmittelpunkt hat, und gibt dem Antrag der Mutter Eva Keller statt.

Wie begründet der BGH seine Entscheidung?

Der Bundesgerichtshof leitet dies rechtlich aus einer Vorschrift ab, die die Herausgabe des Kindes regelt:

  • Wenn die Herausgabe des Kindes verlangt werden könnte,
  • gelte dies analog auch für die Gegenstände, die das Kind benötigt, u. a. den Reisepass.

Die gesetztliche Wohlverhaltenspflicht betrifft beide Eltern

Ergänzend stützt der BGH den Anspruch auf die gesetzliche Wohlverhaltenspflicht der Eltern. Dazu gehört, dass die Eltern dafür Sorge zu tragen haben, dass das Kind zum Beispiel

  • in Besitz von Kleidung, Schulsachen – und eben auch des Reisepasses ist.
  • Umgekehrt kann aber auch der umgangsberechtigte Elternteil, der z. B. mit dem Kind in den Ferien ins Ausland reisen möchte, verlangen, dass ihm für diese Zeit der Kinderpass überlassen wird.

Und wann kann die Herausgabe des Kinderreisepasses nicht gefordert werden?

Die Herausgabe des Passes kann dann nicht gefordert werden, wenn konkret die berechtigte Besorgnis besteht, der Elternteil würde das Kind ins Ausland entführen.

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