Die 85-jährige verwitwete Rosa Müller regelt ihr Erbe. Da ihr Verhältnis zu ihrem einzigen Sohn Rolf Müller nicht das Beste ist, verfasst sie ein handschriftliches Testament in zweifacher Ausfertigung, in dem sie ihre Cousine Hannah Berger zur Alleinerbin einsetzt. Ein Exemplar verwahrt sie in ihrer Kommode im Wohnzimmer auf, das zweite Exemplar im Schlafzimmer.

Ein Jahr später ändert sich die Sachlage.

Rosa Müller ist von Hannah Berger sehr enttäuscht und will nun nicht mehr, dass diese erbt.

  • Sie zerreißt das im Wohnzimmer verwahrte handschriftliche Testament.
  • An das Exemplar im Schlafzimmer denkt sie nicht mehr.
  • Gleichzeitig erzählt sie ihrer Freundin Renate Walz, dass das Verhältnis zu ihrer Cousine zwischenzeitlich vollkommen zerrüttet sei und sie daher keinesfalls mehr Erbin werden solle. Sie habe das Testament deshalb zerrissen.

Nach ihrem Tod jedoch …

streiten Hannah Berger und der Sohn der Verstorbenen, Rolf Müller, wer nun Erbe geworden ist.

  • Hannah Berger argumentiert, dass immer noch ein gültiges handschriftliches Testament existiere. Rosa Müller hätte schon beide Exemplare vernichten müssen!
  • Rolf Müller ist dagegen der Meinung, dass seine Mutter die Vernichtung des zweiten Exemplars schlicht vergessen habe, aber es doch klar gewesen sei, dass Hannah Berger nicht mehr erben sollte.

Wer von beiden bekommt nun Recht?

Grundsätzlich gilt: Wer ein handschriftliches Testament errichtet, kann es später jederzeit nach Belieben ändern oder aufheben.

Ausnahmen bestehen, wenn letztwillige Verfügungen in einem Erbvertrag oder in einem gemeinschaftlichen Testament vorgenommen werden.

  • In der Regel erfolgt eine Aufhebung oder Änderung eines Testaments dadurch, dass ein neues Testament errichtet wird.
  • Ein Erblasser kann ein Testament aber auch dadurch widerrufen, dass er die Testamentsurkunde vernichtet. Dann müssen aber alle Exemplare dieses Testaments vernichtet werden!

Daran fehlt es im vorliegenden Fall.

Denn Rosa Müller hatte vergessen, das zweite Exemplar, das im Schlafzimmer aufbewahrt war, zu vernichten.

In einem solchen Fall kann das Vernichten nur eines von mehreren Exemplaren nur dann als Aufhebung des Testaments genügen, wenn kein Zweifel daran besteht, dass Rosa Müller die Erbeinsetzung von Hannah Berger aufheben wollte.

DASS sie diesen Willen hatte, ergibt sich aus ihren Äußerungen gegenüber ihrer Freundin Renate Walz. Das Testament ist also wirksam widerrufen worden.

Ihr Sohn wird Alleinerbe aufgrund der gesetzlichen Erbfolge.

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