Vor zwei Jahren haben Marianne Müller und Susanne Schneider die gleichgeschlechtliche Ehe geschlossen. Marianne Müller ist bei einer flüchtigen Beziehung mit einem Mann schwanger geworden und hat in der Ehe den Sohn Peter zur Welt gebracht. Susanne Schneider möchte nun rechtlich ebenfalls Mutter dieses Kindes werden, das gemeinsam in der ehelichen Lebensgemeinschaft der beiden Frauen aufwächst.
Nach derzeitiger Gesetzeslage ist das jedoch nicht möglich.
Im Gesetz ist klar definiert, dass Mutter (nur) diejenige Frau ist, die das Kind zur Welt gebracht hat. Mutter nach aktueller Gesetzeslage kann daher nur Marianne Müller sein.
Auch wer Vater ist, ist im Gesetz eindeutig definiert. Vater eines Kindes ist der Mann,
- der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist
- oder die Vaterschaft anerkannt hat
- oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde.
Andere Definitionen zur rechtlichen Elternschaft kennt das Gesetz zur Zeit nicht.
Susanne Schneider sitzt zwischen zwei Stühlen
Denn sie erfüllt weder die eine noch die andere Voraussetzung. Deswegen bleibt ihr derzeit nur der Weg, das Kind ihrer Ehefrau
- im Wege der Stiefkind-Adoption zu adoptieren und
- auf diesem Weg eine rechtliche Elternstellung einzunehmen.
Die modernen Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin und die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe führen zu Konstellationen, auf die das althergebrachte Abstammungsrecht – noch – nicht abgestimmt ist.
Gleichgeschlechtliche Ehe: In dem Kontext spricht man auch von „struktureller Diskriminierung“
Aufgrund der Unterschiede zwischen herkömmlicher Ehe und gleichgeschlechtlicher Ehe wird in der Fachwelt wohl überwiegend von einer strukturellen Diskriminierung der gleichgeschlechtlichen Ehe im Abstammungsrecht gesprochen.
Anhängig sind auch Gerichtsverfahren zu dieser Problematik. Es existiert – basierend auf einem früheren Diskussionsentwurf – ein Gesetzentwurf des Justizministeriums, der vorsieht,
- dass die Frau, die mit der leiblichen Mutter verheiratet ist, künftig kraft Gesetzes automatisch „Mit-Mutter“ und somit zweiter Elternteil neben der leiblichen Mutter wird.
- Dagegen sollen nach dem Gesetzentwurf jedoch zwei Männer einer gleichgeschlechtlichen Ehe nicht kraft Gesetzes beide Eltern eines Kindes werden können.
Begründet wird dies damit, dass die erste Elternstelle (Mutter) bereits von der Frau besetzt wird, die das Kind geboren hat. Würde man einen zweiten Vater, also einen „Mit-Vater“ in gleichgeschlechtlicher Ehe zulassen, hätte das Kind drei rechtliche Elternteile, was es zu vermeiden gilt.
Es überrascht nicht, dass dieser Gesetzentwurf politisch umstritten ist.
Er umfasst noch weitere Gesetzesänderungen im Kindschaftsrecht. Gesetzgeber und Politik tun sich schwer, konsensfähige Regelungen zu finden, die auch den geänderten gesellschaftlichen Verhältnissen Rechnung tragen.
Es bleibt abzuwarten, was aus dem Gesetzentwurf wird.
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