Die dreijährige Lisa besucht mit ihren Eltern ein Reitturnier, das auf dem Vereinsgelände des örtlichen Reitvereins stattfindet. Lisa ist neugierig und will sich die Pferde anschauen. Als ihre Eltern abgelenkt sind, entfernt sie sich und geht zusammen mit einem anderen Kind zu den Pferdeanhängern. Einige Anhänger stehen wegen der Hitze offen. Lisa klettert in einen der Pferdeanhänger. Ein Pferd im Anhänger erschrickt und schlägt mit dem Huf aus. Lisa wird am Kopf getroffen und erheblich verletzt. Jetzt stellt sich natürlich die Frage:

Wer ist verantwortlich für Lisas Verletzung?

Die Haftung des Halters eines Pferdes ist sehr weitgehend.

  • Daher muss die Haftpflichtversicherung des Pferdehalters zunächst einmal den gesamten Schaden regulieren, der sich zum größten Teil aus den Krankenbehandlungskosten für Lisa zusammensetzt.
  • Im zweiten Schritt verlangt die Haftpflichtversicherung aber nun auch von Lisas Eltern, dass diese ihr sämtliche Zahlungen erstatten, die sie wegen Lisas Verletzung geleistet hat. Denn Lisas Eltern hätten sich schließlich auch schadensersatzpflichtig gemacht!

Zwischen den Schadenverursachern muss geklärt werden, wer welchen Anteil am Schaden zu übernehmen hat, wenn mehrere Verantwortliche für einen entstandenen Schaden haften.

Die Haftpflichtversicherung ist sogar der Meinung, dass letztlich Lisas Eltern alleine für den Unfall verantwortlich sind und sie daher die gesamten Kosten erstatten müssen.

Schließlich geht es um die Aufsichtspflicht!

Denn Grundlage der Schadenersatzpflicht ist der Verstoß der Eltern gegen ihre Aufsichtspflicht und die elterliche Verantwortung umfasst auch die Aufsichtspflicht der Eltern über ihre minderjährigen Kinder: Verletzungen der Aufsichtspflicht begründen einen Schadenersatzanspruch des Kindes gegen seine Eltern.

Der Umfang der gebotenen elterlichen Aufsichtspflicht orientiert sich danach, was vernünftige Eltern in der konkreten Situation zur Schadensabwendung tun würden.

Je gefährlicher die konkrete Situation ist, …

umso höher sind die Anforderungen an die Aufsichtspflicht.

  • Kleinkinder bis zu drei Jahren bedürfen nach der Rechtsprechung ständiger Aufsicht.
  • Einen gewisser Freiraum mit regelmäßigen Kontrollpflichten gesteht die Rechtsprechung erst ab einem Alter von vier Jahren zu, aber auch hier jeweils abhängig von der konkreten Gefahrensituation.

Beim Besuch eines Reitturniers hätten die Eltern der dreijährigen Lisa, die noch kein ausreichendes Gefahrenbewusstsein hat, keinerlei Freiraum gewähren dürfen, der es ihr ermöglicht, in einen Pferdeanhänger von Turnierteilnehmern zu gelangen!

Und wie hat der Bundesgerichtshof in diesem Falle entschieden?

Der Bundesgerichtshof befand, dass die Eltern sich wegen Verletzung der Aufsichtspflicht schadenersatzpflichtig gemacht haben.

Weiterhin war die Frage zu klären, zu welchem Anteil der Pferdehalter und die Eltern untereinander für den Schaden aufkommen müssen. Beide hatten sich nicht korrekt verhalten.

Letzten Endes hat der Bundesgerichtshof zu diesem Fall entschieden, dass die Eltern den Schaden ganz alleine tragen müssen. Denn der Pferdehalter könne nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugen und dürfe darauf vertrauen, dass ein kleines Kind von seinen Eltern nicht unbeaufsichtigt gelassen wird.

Ein Beispiel dafür, wie eine kleine Unachtsamkeit schwere Konsequenzen zeitigen kann.

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