Die Eheleute Bernd und Bianca Huber haben ein formgültiges gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem beide ihren Nachlass geregelt haben. Ihr wesentliches Vermögen besteht aus einem gemeinsamen Hausgrundstück. U. a. haben sie Folgendes verfügt: „… Alleinerbe ist unser Sohn Peter. Unser Sohn Michael hat keinen Anspruch, wird also enterbt. Das Testament ist nur gültig, wenn wir beide tot sind…“

Was haben sie vergessen?

Sie haben in dem Testament nur die Erbfolge geregelt für den Fall, dass sie beide tot sind. Nicht geregelt haben sie, wer Erbe nach dem Tod des erstversterbenden Ehepartners werden soll.

Ein Fehler, der nicht selten vorkommt … Und zwar häufig dann, wenn ein gemeinschaftliches Testament geschrieben wird, das ohne juristische Unterstützung errichtet wird.

Das hat unangenehme Folgen, denn …

nach dem Tod von Bernd Huber entsteht nun Streit über die Erbrechtslage.

Das Nachlassgericht ist nämlich der Auffassung, dass das Testament auch ohne ausdrückliche Regelung so auszulegen sei, dass

  • die Ehefrau Bianca Huber Alleinerbin nach dem Tod ihres Ehemannes sei und
  • der Sohn Peter Erbe nach dem Tod beider Elternteile werde.

Es sei üblich, dass Eheleute sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen wollen.

Der enterbte Sohn Michael sieht das ganz anders!

Er ist der Auffassung, dass mangels einer entsprechenden Regelung im Testament die gesetzliche Erbfolge eintritt – mit der Folge, dass eine Erbengemeinschaft aus der Ehefrau und den beiden Söhnen entstanden sei. Seine Enterbung betreffe ja nur den Fall, dass beide Eltern verstorben seien.

Wer bekommt nun Recht?

Das Oberlandesgericht München verneint zwar eine Alleinerbenstellung von Bianca Huber.

  • Eine ausdrückliche Erbeinsetzung für den Fall des erstversterbenden Ehegatten enthalte das Testament eben gerade nicht.
  • Ein solches Ergebnis könne auch nicht im Wege der Auslegung ermittelt werden, weil der Fall des Erstversterbens eines der Ehegatten gerade ungeregelt gelassen worden sei.

Der Erblasserwille kann aber dennoch weitgehend umgesetzt werden.

Letztlich soll die Erbschaft ja dem Sohn Peter nach dem Tod beider Elternteile alleine zufallen.

  • Das Gericht legt das Testament so aus, dass der Sohn Peter damit sogenannter Nacherbe ist.
  • Ein Nacherbe wird erst Erbe, nachdem zunächst ein anderer Erbe geworden ist.
  • Der Nacherbfall tritt ein, wenn auch der zweite Elternteil verstorben ist.

Wenn im Testament – wie hier – nichts geregelt ist, wer bis dahin Erbe sein soll, sind nach den gesetzlichen Bestimmungen die gesetzlichen Erben des Bernd Huber sogenannte Vorerben.

  • Das sind seine Ehefrau und
  • beide Kinder, also auch der Sohn Michael.

Dieser wird sich darüber aber nicht recht freuen.

Denn ein Vorerbe unterliegt Beschränkungen …

… anders als ein Vollerbe.

Bei einem Vorerbe dürfen z.B. Immobilien nicht belastet oder veräußert werden. Diese und andere Beschränkungen stellen sicher, dass der Nachlass erhalten bleibt, bis er nach dem Tod des anderen Elternteils auf den Sohn Peter übergeht. Die Enterbung des Sohnes Michael kann damit wirtschaftlich weitgehend umgesetzt werden.

Solch schwierige Auslegungsprobleme lassen sich vermeiden, wenn ein Testament mit anwaltlicher Beratung erstellt wird.

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