Pia Hauser und ihr geschiedener Ehemann Paul Hauser haben nicht mehr viel gemeinsam, außer den Sohn Peter, sechs Jahre alt und das gemeinsame Umgangsrecht. Peter lebt bei seinem Vater. Paul Hauser will den vereinbarten Umgang für Pia Hauser mit Peter, der eigentlich alle zwei Wochen über das Wochenende stattfinden soll, nun aussetzen und beruft sich dabei auf die Gefahren der Corona-Pandemie. Er plant jedoch seinerseits, am kommenden Wochenende mit Peter zu den Großeltern nach Österreich zu fahren.
Pia Hauser ist strikt dagegen, als sie davon erfährt.
Wer setzt sich durch?
Streitigkeiten zwischen getrennt lebenden Eltern über das Umgangsrecht mit den gemeinsamen Kindern beschäftigen die Familiengerichte leider in vielen Verfahren.
Elternteile, die dem Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil skeptisch gegenüber stehen oder sehr in Sorge sind, berufen sich nun vermehrt auf die Gefahren der Corona-Pandemie, um Umgangskontakte einstweilen auszusetzen.
- Grundsätzlich stellen die gesundheitlichen Risiken, die mit dieser Pandemie verbunden sind, jedoch keinen Grund dar, das Umgangsrecht zu beschränken.
- Die Ausgangsbeschränkungen der einzelnen Bundesländer beinhalten kein Verbot von Umgängen eines Elternteils mit dem Kind.
- Die bayerische Staatsregierung hat in einem Fragenkatalog zur Ausgangsbeschränkung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es erlaubt ist, Minderjährige zu begleiten und das Sorgerecht wahrzunehmen.
Kinder können deswegen dem jeweils anderen Elternteil übergeben werden. Ein Umgangsausschluss lässt sich alleine mit der Corona-Pandemie im Regelfall nicht rechtfertigen.
Man muss jedoch jeden Einzelfall betrachten!
Anders kann die Beurteilung ausfallen, wenn …
- bei einem Elternteil oder beim Kind Krankheitssymptome aufgetreten sind oder
- ein Elternteil aus einem Risikogebiet eingereist ist und daher vorübergehend häusliche Quarantäne angezeigt ist,
- erst recht, wenn eine Quarantäne behördlich angeordnet wurde.
Reisen und Ausflüge eines Elternteils mit dem Kind z. B. für Besuche der Großeltern sind normalerweise Alltagsentscheidungen, die auch bei gemeinsamer elterlicher Sorge jeder Elternteil alleine treffen kann, ohne dass die Zustimmung des anderen Elternteils erforderlich ist.
Auch hier mag die Sache allerdings anders zu beurteilen sein, wenn …
- eine solche Reise dem ausdrücklichen Inhalt oder dem Sinn und Zweck der von den einzelnen Bundesländern angeordneten Ausgangsbeschränkungen bzw.
- einer Reisewarnung des Auswärtigen Amtes widerspricht.
In solchen Fällen wird man die Auffassung vertreten können, dass die Reise bei gemeinsamer elterlicher Sorge für das Kind eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung ist, die nach den gesetzlichen Vorgaben der ausdrücklichen Zustimmung des anderen Elternteils bedarf.
Gerichtsentscheidungen sind dazu allerdings bislang nicht veröffentlicht.
Wenn Paul Hauser nicht einsichtig ist, dürfte die Reise jedoch wohl faktisch nicht zu verhindern sein, da die Familiengerichte derzeit allenfalls in Eilfällen mündliche Verhandlungen abhalten und auch eine Eilentscheidung unter Umständen zu spät kommt. Es gilt, sich im Sinne der Kinder vernünftig und verantwortungsbewusst zu verhalten!
Sie haben Fragen zum Umgangsrecht und wie Sie den Alltag regeln, damit alle Beteiligten zufrieden sind? Machen Sie einen Termin aus, wir beraten Sie gerne.