Geschichte einer Entwicklung von 2016-2018.
Im Juli 2016 hatte ich unter dem Titel „Ein heikles Thema: Digitaler Nachlass von Angehörigen – Wie gehen Sie mit Facebook Accounts und Online-Profilen um?“ von einer Entscheidung des Landgerichts Berlin zu folgendem Fall berichtet: die Eheleute K. verloren ihre 15-jährige Tocher bei einem tragischen Unfall. Anna unterhielt ein Facebook-Benutzerkonto mit umfassenden Inhalten.
Der allergrößte Teil des eingestellten Inhalts war für Dritte nicht einsehbar.
Auch nicht für die eigenen Eltern, weil Facebook den Account nach dem Todesfall in den sogenannten „Gedenkzustand“ versetzt hatte. Die Eltern verlangten nun von Facebook, ihnen Zugang zum vollständigen Benutzerkonto ihres verstorbenen Kindes zu gewähren. Facebook lehnte dies ab.
Das Landgericht Berlin gab der Klage der Eltern jedoch statt.
Das Urteil ging in Berufung.
Im Juni 2017 hatte ich unter dem Titel „Digitaler Nachlassverwalter für Facebook und Co. – Haben Sie bereits Vorsorge getroffen für den Fall des Falles?“ über die Berufungsentscheidung des Kammergerichts Berlin zu diesem Fall informiert:
Das Kammergericht hatte die Entscheidung des Landgerichts aufgehoben und den Eltern einen Anspruch verwehrt!
Seine Entscheidung stützte das Kammergericht darauf, dass das gesetzlich verankerte Fernmelde- und Kommunikationsgeheimnis Vorrang habe. Den Eltern könne ein Zugang nur gestattet werden, wenn alle Kommunikationspartner ihrer verstorbenen Tochter ihre Zustimmung dazu erteilt habe.
Das ist praktisch nicht durchführbar! Nunmehr gibt es deswegen wieder Neues zu berichten:
Der Zugang zu einem Facebook-Account ist ab jetzt erblich!
Auf die Revision gegen das Urteil des Kammergerichts Berlin hatte sich der Bundesgerichtshof mit dem Fall zu befassen.
Der BGH hat am 12.7.2018 entschieden, dass der Zugang zu einem Facebook-Account vererblich ist. Die Eltern dürfen als Erben ihrer Tochter auf das Konto einschließlich der darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalte zugreifen.
Dies leitete der Bundesgerichtshof daraus ab, dass der Nutzungsvertrag
- zwischen der verstorbenen Tochter und Facebook
- auf die Eltern als Erben übergegangen sei und
- daraus das Recht auf Zugang zu den Inhalten des Accounts folge.
Die Vererblichkeit werde auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Inhalt des Facebook Kontos höchstpersönlicher Natur sei und Dritte, die der Tochter Nachrichten geschickt haben, geschützt sein müssten.
Denn der Absender einer Nachricht könne nur darauf vertrauen,
- dass Facebook die Nachricht nur für das ausgewählte Benutzerkonto zur Verfügung stelle.
- Daraus folge aber kein Vertrauen darin, dass der Kontoinhaber die Inhalte nicht auch Dritten zugänglich macht.
- So könne der Kontoinhaber ja auch zu Lebzeiten Dritten den Zugang zu diesem Konto eröffnen oder Inhalte verbreiten.
Auch das Fernmeldegeheimnis stehe nicht entgegen,
- da der Erbe vollständig in die Position des Erblassers einrücke.
Aus der Datenschutz-Grundverordnung ergebe sich ebenfalls nichts anderes,
- weil die Verordnung nur lebende Personen schützt.
Damit ist eine wichtige Grundsatzfrage durch den Bundesgerichtshof geklärt.
Die Entscheidung erscheint richtig!
Denn auch Tagebücher und Briefe enthalten höchstpersönliche Eintragungen und können von den Erben eingesehen werden. Warum sollte es bei einem Facebook Konto anders sein?
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