Ist Wohnen gleich Wohnen?
Sonja und Stefan Sonntag haben gerade ihr Haus abbezahlt, als ihre Ehe in die Krise gerät. Es kommt zur Trennung. Herr Sonntag zieht aus dem gemeinsamen Haus aus und kann in eine Wohnung einziehen, die seinen Eltern gehört. Seine Eltern verlangen keine Miete von ihm. Frau Sonntag wohnt weiter im gemeinsamen Haus.
Herr Sonntag verlangt jetzt, dass …
Frau Sonntag sich den Mietwert des Hauses als zusätzliches Einkommen anrechnen lassen muss. Bei der Berechnung des Trennungsunterhalts verweist er darauf, dass
- seine Frau ja mietfrei im gemeinsamen Haus wohne und sie sich die
- ersparte Miete als sogenannten Wohnwert wie Einkommen zurechnen lassen müsse.
Frau Sonntag argumentiert dagegen.
Sie bezahle zwar
- keine Miete, dafür aber die
- gesamten Betriebskosten für das gemeinsame Haus
Das sind die Kosten für Heizung, Strom, städtische Gebühren und Versicherungen. Dies sei zu berücksichtigen bei der Berechnung des Trennungsunterhalts. Denn ihr Ehemann müsse als hälftiger Eigentümer der Immobilie schließlich davon eigentlich auch die Hälfte übernehmen! Außerdem bezahle ja auch ihr Ehemann keine Miete für die Wohnung der Eltern, so dass sich das kostenlose Wohnen sowieso gegenseitig ausgleiche.
Wer von beiden hat jetzt Recht?
Frau Sonntag mit ihrer Aussage: „Wohnen ist gleich Wohnen“ oder Herr Sonntag mit seiner Forderung: „Der Wohnwert muss wie eigenes Einkommen angerechnet werden“?
Es ist ein Unterschied, ob einer der Ehepartner in einer Immobilie wohnt,
- die einem Ehepartner allein oder beiden Ehepartnern gemeinsam gehört oder
- ob ein Ehepartner in einer Wohnung wohnt, die seinen Eltern gehört.
Deswegen muss sich Frau Sonntag einen Wohnwert wegen ersparter Mietkosten bei der Unterhaltsberechnung zurechnen lassen. Dadurch erhöhen sich ihre unterhaltsrelevanten Einkünfte. Dies führt zu einer Verringerung ihres Unterhaltsanspruchs.
Auch die Nebenkosten, die sie bezahlt, kann sie nicht gegenrechnen.
Denn dabei handelt es sich um allgemeine Lebenshaltungskosten, die für die Unterhaltsberechnung keine Rolle spielen. Frau Sonntag muss also alle Betriebskosten selber tragen, die auch auf einen Mieter umlegbar wären. Dazu gehören fast alle Nebenkosten.
Ihr Ehemann wird sich im Regelfall keinen Wohnwert anrechnen lassen müssen.
Dass seine Eltern ihn mietfrei in ihrer Wohnung wohnen lassen, ist eine andere Fallkonstellation. Die Eltern lassen ihren Sohn allein deshalb mietfrei wohnen, weil sie ihm etwas zuwenden wollen und nicht, damit sich der Unterhaltsanspruch der Ehefrau erhöht.
Fazit:
Beide wohnen mietfrei, aber mit unterschiedlichen Auswirkungen auf die Unterhaltsberechnung. Wohnen ist also nicht gleich Wohnen.
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