Wenn die Reue zu spät kommt …

Bisweilen müssen sich Gerichte – wie der nachfolgende Fall zeigt – mit ebenso skurrilen wie tragischen Fallgestaltungen auseinandersetzen: Der Vater der Klägerin und ihres Bruders verstirbt im Krankenhaus. Das Krankenhaus teilt der Stadt H. mit, dass bislang niemand die Bestattung des Verstorbenen veranlasst habe.

Wer ist jetzt verantwortlich?

Die Stadt H. fordert daraufhin die Klägerin und ihren Bruder auf, sich um die Bestattung ihres Vaters zu kümmern. Dies tut sie unter Androhung der Ersatzvornahme – also der Vornahme der geschuldeten Handlung anstelle der Handlungspflichtigen auf deren Kosten.

Die erste Antwort kommt von der Klägerin

Sie teilt der Stadt H. mit,

  • dass ihr Bruder die Bestattung ablehnt, da er sich nicht an den Kosten beteiligen wolle.
  • Sie selbst wäre bereit, die hälftigen Kosten zu tragen.
  • Sie gehe davon aus, dass nunmehr die Stadt H. selbst die Bestattung veranlassen werde.

Dazu teilt sie mit, dass es in der Heimatstadt G. des Vaters ein Familiengrab gebe und ihr Vater bis zuletzt im dortigen Elternhaus gelebt habe.

Kurz darauf schreibt der Bruder der Klägerin

Er teilt mit,

  • dass er sich seiner Bestattungspflicht nicht entziehen wolle und
  • sich darum kümmern werde.
  • Er beauftragt eine anonyme Urnenbestattung, um seine Kosten möglichst niedrig zu halten.

Die Wahl des Familiengrabes komme nicht infrage.

Die Kosten seien ihm zu hoch. Er habe seit 25 Jahren keinen Kontakt zum Vater gehabt, der Alkoholiker gewesen sei und Gewalt gegen die Mutter ausgeübt habe.

Es erfolgt daraufhin eine Bestattung in einem anonymen Urnenreihengrab in einer Gemeinschaftsanlage des Friedhofs der Stadt H., auf der mittlerweile über 1.000 Verstorbene beigesetzt worden waren.

Als die Klägerin das im Nachhinein erfährt …

will sie eine Umbettung der Urne in das Familiengrab veranlassen.

Die Stadt verweigert jedoch die dafür nach der Friedhofssatzung notwendige Zustimmung, weswegen die Klägerin die Stadt H. vor dem Verwaltungsgericht auf Erteilung der Zustimmung verklagt. Die Klage hat aber keinen Erfolg, denn nach der Friedhofssatzung der Stadt besteht ein Anspruch auf Zustimmung zur Umbettung nur, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

Der Grund muss so wichtig sein, dass er den Schutz der Totenruhe überwiegt.

Das verneint das Verwaltungsgericht mit der Begründung, dass von volljährigen Angehörigen erwartet werden könne,

  • dass sie sich rechtzeitig, d.h. vorher und nicht erst nachträglich, über Art und Ort der Bestattung ein abschließendes Urteil bilden.
  • Das nachträgliche „schlechte Gewissen“ der Klägerin rechtfertige eine Umbettung der Urne nicht.
  • Außerdem würde das Ausgraben der Urne des Verstorbenen nach Ansicht des Gerichts auch die Totenruhe anderer Verstorbener im gemeinschaftlichen Grabfeld beeinträchtigen.

Die Reue kommt leider zu spät

An diesem Fall sieht man, wie sich familiäre Konflikte noch über den Tod hinaus fortsetzen können und manche Entscheidungen nicht mehr umkehrbar sind.