Oder: Wann die Unterstützung ein Ende hat.

Schon während des Gymnasiums bewirbt sich die Tochter der Eheleute Gruber an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst. Sie besteht die Aufnahmeprüfung. Neben der Schule absolviert sie nachmittags eine einjährige Vorbereitungszeit an der Akademie des Tanzes. Nach der Mittleren Reife belegt sie dort den Studiengang Tanz.

Die Tanzausbildung schließt sie mit dem Diplom ab.

Danach unternimmt sie ca. ein Jahr lang europaweit Bewerbungen auf alle Ausschreibungen, die ihrem Abschluss entsprechen. Doch leider bleiben sämtliche Bewerbungen erfolglos. Sie entschließt sich daher, ihre Schullaufbahn fortzusetzen und macht zwei Jahre später ihr Abitur mit der Note 1,0. Anschließend beginnt sie ein Psychologiestudium.

Für ihr Studium bezieht sie BAföG-Leistungen.

Wenn BAföG bezogen wird, geht in der Regel der Unterhaltsanspruch des Leistungsempfängers – hier also der Unterhaltsanspruch der Tochter gegen ihre Eltern – auf das BAföG-Amt über. Dieses verlangt nun von den Eltern im Regressweg die Zahlung von Kindesunterhalt. Das BAföG-Amt argumentiert, dass zwar nur eine Ausbildung geschuldet sei.

Hier läge aber ein Sonderfall vor!

Die Tanzausbildung habe nicht den Fähigkeiten der Tochter entsprochen, was sich daran belege,

  • dass sie die Abschlussprüfung Tanz nur knapp bestanden habe und
  • alle Bewerbungsversuche erfolglos gewesen seien.
  • Außerdem sei sie bei Beginn der Tanzausbildung erst 15 Jahre alt gewesen. Es habe ihr altersbedingt die erforderliche Weitsicht gefehlt.
  • Das sehr gute Abitur belege, dass ihre Fähigkeiten auf anderen Gebieten liegen. Daher bestehe auch für die zweite Ausbildung ein Unterhaltsanspruch.

Die Eltern verweigern die Zahlungen von Kindesunterhalt jedoch.

Sie begründen ihre Entscheidung, dass das Psychologiestudium eine Zweitausbildung sei, für die kein Unterhaltsanspruch mehr bestehe. Der Unterhalt müsse jetzt ein Ende haben!

Wie sieht das rechtlich aus?

Das Oberlandesgericht gibt den Eltern Recht mit der Begründung, dass Eltern, die ihrem Kind eine Berufsausbildung finanziert haben, grundsätzlich nicht mehr verpflichtet seien, die Kosten einer weiteren Ausbildung zu tragen. Die Frage ist jetzt:

Gibt es Ausnahmen von diesem Grundsatz?

Ja – und zwar unter der Voraussetzung, dass zum Beispiel

  • der Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht ausgeübt werden kann oder
  • wenn die erste Ausbildung auf einer deutlichen Fehleinschätzung der Begabung des Kindes beruht

Pech für die Tochter.

Diese Voraussetzungen sieht das Oberlandesgericht im hier geschilderten Fall nicht als gegeben an. Die Tanzausbildung habe durchaus den Begabungen der Tochter entsprochen, die schon im Grundschulalter am Ballettunterricht teilgenommen habe.

  • Sie habe die Aufnahmeprüfung an der Staatlichen Hochschule bestanden,
  • eine einjährige Vorbereitungszeit an der Akademie des Tanzes absolviert und
  • die Ausbildung mit dem Diplom bestanden.

Dass die Bewerbungen für eine Arbeitsstelle als Tänzerin erfolglos waren, lasse nicht den Schluss auf eine fehlende Begabung zu Schließlich würden sich auf jede Stellenausschreibung bis zu 3.000 Bewerber melden.

Die Tochter hat ihre Entscheidung also selbst zu tragen.

Das Risiko, dass ihr Kind nach Abschluss der Ausbildung keine angemessene Arbeitsstelle zu finden vermag, haben die unterhaltspflichtigen Eltern grundsätzlich nicht mehr zu tragen.

Ob die Entscheidung der Eltern, ihre Tochter auf dem Weg zu einer erfüllenden beruflichen Karriere nicht mehr zu unterstützen, allerdings den Familienfrieden fördert, steht dabei auf einem ganz anderen Blatt …

Sie haben Fragen zu BAföG-Leistsungen, Unterhaltszahlungen …

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