Ist das „Große Familiengericht“ nicht groß genug?

Seit langer Zeit ist das Familiengericht für die klassischen familienrechtlichen Verfahren zuständig. 2009 wurden im Rahmen einer Reform des Familienrechts zahlreiche weitere Streitigkeiten zwischen Eheleuten oder geschiedenen Eheleuten dem Familiengericht zugewiesen, für die bis dahin die allgemeinen Zivilgerichte (Amtsgericht/Landgericht) zuständig waren. Heute stellt sich die Frage:

Ist das „Große Familiengericht“ nicht groß genug?

Vergleichen Sie dazu die beiden folgenden Fallgestaltungen:

  • Fall a): Monika Müller und Michael Müller sind geschiedene Eheleute.

Das Ehepaar Müller lebte im Güterstand der Gütertrennung. Während der Ehe hatte Monika Müller von ihrer Großmutter 30.000,- € geschenkt bekommen. Diesen Betrag hatte sie ihrem Ehemann zur Verfügung gestellt, der damit den Wintergarten auf seinem ihm allein gehörenden Hausgrundstück bezahlt hatte.

  • Fall b): Beate Bauer lebte mit Ralf Rabe in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen. Sie waren also nicht verheiratet. Auch diese Beziehung scheiterte. Auch Beate Bauer hatte ihrem Lebensgefährten 30.000,- € zur Verfügung gestellt, die sie von ihrer Großmutter geerbt hatte. Auch Ralf Rabe hatte damit den Wintergarten an seinem Haus bezahlt. Das Hausgrundstück gehört ihm alleine.

In beiden Fällen verlangen die Frauen ihre Zuwendung zurück

Beide Frauen verlangen nach dem Scheitern der Beziehung ihre Zuwendung von 30.000,- € von ihren früheren Partnern zurück. Doch obwohl beide Fälle sehr ähnlich sind, sind ganz unterschiedliche Gerichte für ein Prozessverfahren zuständig.

Seit langer Zeit ist das Familiengericht für die klassischen familienrechtlichen Verfahren zuständig, wie  z.B.

  • Scheidung
  • Unterhalt
  • Zugewinnausgleich
  • elterliche Sorge
  • Umgang

Das Familiengericht ist eine Abteilung des Amtsgerichts, die spezialisiert ist auf die Klärung familienrechtlicher Streitigkeiten.

2009 wurde das sog. „Große Familiengericht“ geschaffen

Im Rahmen einer Reform des Familienrechts wurden im Jahr 2009 zahlreiche weitere Streitigkeiten zwischen Eheleuten oder geschiedenen Eheleuten dem Familiengericht zugewiesen, für die bis dahin die allgemeinen Zivilgerichte (Amtsgericht/Landgericht) zuständig gewesen waren.

  • Dazu gehören z.B. auch Verfahren über vermögensrechtliche Streitigkeiten zwischen geschiedenen Eheleuten, die aus der Ehe resultieren.
  • Darunter fallen z.B. Ansprüche über Darlehensrückzahlungen zwischen Eheleuten oder Ansprüche auf Rückforderung finanzieller Zuwendungen.

Es war eine sehr sinnvolle gesetzgeberische Entscheidung, möglichst viele Streitverfahren zwischen (geschiedenen) Eheleuten einheitlich beim Familiengericht zu bündeln. Im Fall a) ist das Familiengericht für ein Prozessverfahren zuständig.

Wer regelt Streitigkeiten innerhalb nichtehelicher Lebensgemeinschaften?

Im Fall b) handelt es sich um Streitigkeiten zwischen (ehemaligen) Partnern, die in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammengelegt haben. Diese Streitigkeiten sind nicht der Zuständigkeit des Familiengerichts zugeordnet worden.

Hierfür bleiben vielmehr die allgemeinen Zivilgerichte zuständig. Je nach Höhe des Betrags, der im Streit steht, ist entweder

  • das Amtsgericht als Zivilgericht oder
  • die Zivilkammer des Landgerichts

für derartige Streitigkeiten zuständig. Im Fall b) wäre dies das Landgericht.

Beide Fälle a) wie b) sind prozessual durchaus schwierig zu entscheiden. ​

In beiden Fällen stellen sich sehr ähnliche tatsächliche und rechtliche Fragen.

Die allgemeinen Zivilgerichte tun sich bisweilen nicht leicht mit dieser für sie eher sachfremden Materie. Daher erscheint es sinnvoll, auch vermögensrechtliche Streitigkeiten aus nichtehelichen Lebensgemeinschaften dem dafür spezialisierten Familiengericht zuzuweisen.

Das bedeutet: DAs  „Große Familiengericht“ ist noch nicht groß genug!

Bei künftigen Reformen des familienrechtlichen Verfahrens  wird dies zu überlegen sein.

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Darlehen-Rückzahlung nach der Scheidung: Gilt hier wirklich immer der Grundsatz halbe-halbe?

Norbert und Nina Weber leben in ihrer Ehe leider über ihre finanziellen Verhältnisse. Es häufen sich erhebliche Schulden an. Deswegen nehmen beide gemeinsam einen Kredit über 40.000,- € auf. Von dem Kreditbetrag verwenden sie 30.000,- €, um ein schon bestehendes Darlehen für das Auto abzulösen. Die restlichen 10.000,- € überweisen beide auf ein gemeinsames Konto.

Die monatliche Rate für das Darlehen beträgt 800,- €.

Doch nun zerbricht die Ehe und wird geschieden. Bis zur Trennung und auch danach bezahlt Norbert Weber die monatliche Rate von 800,- € alleine.

Das will er nun nicht mehr akzeptieren.

Er verlangt deshalb von seiner geschiedenen Frau, dass sie ihm ab dem Zeitpunkt der Trennung bis jetzt die Hälfte der von ihm bezahlten Darlehensraten erstattet und zukünftig die hälftige Rate in Höhe von 400,- € übernimmt.

Nina Weber sieht das gar nicht ein.

Schließlich hat ihr Mann nach der Trennung das Fahrzeug, das über den Kredit finanziert wird, behalten und nutzt es weiter. Und das gemeinsame Sparkonto ist hälftig aufgeteilt worden, so dass ihr Mann aus dem Kreditbetrag noch weitere 5.000,- € bekommen hat.

Dann soll er jetzt die Darlehensraten auch alleine bezahlen!

Schließlich habe sie von dem Darlehen fast nichts gehabt.

Wer bekommt nun Recht?

Grundsätzlich haften Ehegatten für gemeinsam aufgenommene Darlehen im Innenverhältnis zwischen ihnen je hälftig.

Das bedeutet: Solange die Eheleute zusammenleben und die eheliche Lebensgemeinschaft besteht, gewährt die Rechtsprechung in aller Regel keine Ausgleichsansprüche zwischen den Eheleuten, auch wenn ein Ehepartner die Kredite allein abbezahlt hat.

Das ändert sich jedoch mit der Trennung.

Denn nach einer Trennung gibt es keine gemeinsame Lebensführung mehr und es greift wieder der Grundsatz, dass sich jeder Ehepartner zur Hälfte an der Rückzahlung gemeinsam aufgenommener Darlehen zu beteiligen hat.

Von diesem Grundsatz gibt es jedoch Ausnahmen.

Ein Ehepartner muss für die Kreditrate nach der Trennung soweit aufkommen, als er von dem Kredit finanziell profitiert hat.

Das heißt konkret in unserem Fall:

  • Nach der Trennung behält Norbert Weber das Fahrzeug, das über den gemeinsamen Kredit maßgeblich in Höhe von 30.000,- € finanziert worden ist.
  • Vom restlichen Darlehensbetrag erhält er außerdem 5.000,- € bei Auflösung des gemeinsamen Sparkontos.

Von dem Kreditbetrag über 40.000,- € zieht er somit Vorteile in Höhe von 35.000,- € (30.000,- € Auto und 5.000,- € halbes Sparkonto), während seine Frau letztlich nur 5.000,- € aus dem gemeinsamen Kredit erhält.

Der Vorteil von Nina Weber aus dem gemeinsamen Kredit …

  • beträgt daher nur 1/8,
  • während 7/8 des Kreditbetrages von Norbert Weber zum eigenen Vorteil verwendet werden.

Daher ist es sachgerecht, dass Norbert Weber auch 7/8 der Darlehensrate übernehmen muss, somit 700,- € monatlich. Er kann von seiner Frau nur einen Anteil von 100,- € monatlich seit der Trennung verlangen. Außerdem muss Nina Weber künftig ebenfalls 100,- € monatlich zur Kreditrückzahlung beisteuern.

So hat auch das Oberlandesgericht Brandenburg in einem ähnlichen Fall entschieden.

Sie befinden sich in einer Trennungssituation …

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